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Wohnfläche ist nicht gleich Wohnfläche

Wer sich zum ersten Mal mit dem Immobilienkauf oder -verkauf beschäftigt, ist nicht selten überrascht davon, dass ein so wichtiger Bestandteil der Wertermittlung wie die Wohnflächenberechnung alles andere als ein überall gleichermaßen genormter Faktor ist. Ganz im Gegenteil!

Wo Ihnen alles unterschiedliche Zahlen begegnen können

Nehmen wir mal an, Sie wollen eine Immobilie verkaufen – vielleicht eine, die Sie gar nicht sonderlich gut kennen, möglicherweise geerbt haben.

Jetzt sehen Sie die Unterlagen durch – und finden eine andere Berechnung der Wohnfläche, die einst beim Finanzamt gemeldet wurde, auf der die Grundsteuer weiterhin basiert als die, welche der Bezirksschornsteinfeger beispielsweise kürzlich erst in Ihrem Auftrag für den neuen Energieausweis errechnet hat. Und dann finden Sie noch die uralten Baupläne – daraus geht eine dritte, wieder andere Zahl hervor! Wenn Sie ganz großes Pech haben, finden Sie noch eine vierte, ebenfalls abweichende Zahl – und die steht im Grundbuchauszug. Wie groß ist die Immobilie denn nun tatsächlich? Und wie kommen derart unterschiedliche Zahlen zustande?

Diese Fragen sind wichtig, spielen doch sowohl Wohn- wie Nutzflächen an vielen Stellen eine nicht unerhebliche Rolle:

  • Wohn- wie Nutzfläche sind ein wichtiger Bestandteil bei der Wertermittlung der Immobilie – sei es, um sie zu verkaufen. Oder, um einen Kredit zu beantragen.
  • Die Größe der genutzten Fläche ist auch ein wichtiger Parameter, um die Grundsteuer (neu) berechnen zu können.
  • Wenn es nur um genutzte Räume, Flure und dergleichen geht, könnten Sie im Vorfeld die Kosten schon mal überschlagen, die eine etwaige Renovierung kosten würde. Vorausgesetzt, Sie kennen die exakte Größe der Flächen. Bis vielleicht der Malermeister dann kommt – und seinerseits noch eine weitere Zahl errechnet.
  • Wer eine Immobilie vermieten will, muss die exakte Größe der Wohnfläche kennen – und notfalls auch nachweisen können. Genau dieser Punkt führt nämlich immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern. Kein Wunder, können doch – etwa bei Dachgeschosswohnungen – Unterschiede bis zu 40% bei unterschiedlichen Flächenberechnungsarten auftreten.

Kurz: Wir sind an vielen Stellen auf die Sicherheit angewiesen, die darin besteht, dass wir die möglichst exakte Größe der Immobilie kennen, mit der wir es zu tun haben.

Unterschiedliche Berechnungswege

Erstens gibt es diverse DIN-Normen, die genau vorschreiben, was zu wieviel Prozent mit angerechnet werden darf. Und was nicht. Das alles ist nicht einfach. Denn manche dieser DIN-Normen sind zwar veraltet, offiziell sogar ungültig – und finden doch immer noch Anwendung. Andere dieser Normen gelten nur in ganz speziellen Fällen – etwa: nur bei Bauanträgen. Oder nur, wenn diese Berechnungsmethode „ortsüblich“ ist. Bei Mietverträgen spielen auch immer das Wohnraumförderungsgesetz und die Wohnflächenverordnung eine wichtige Rolle.

Berechnungen auf Grundlage der Wohnflächenverordnung

Tatsächlich ist auch bei zu kaufenden und zu verkaufenden Immobilien die Flächenberechnung auf Grundlage der Wohnflächenverordnung die derzeit gebräuchlichste Methode. Die besagt – ganz grob: zur Grundfläche der zu berechnenden Fläche zählen nur jene Räume, die ausschließlich zur jeweiligen Wohnung gehören. Also auch Abstellräume innerhalb der Wohnung, Wintergärten oder Schwimmbäder, sofern sie geschlossen und beheizbar sind. Balkone, Terrassen und Loggien dagegen meistens nur zu 25 Prozent. Als Ausnahme gilt: Wenn ein Balkon, eine Terrasse oder Loggia baulich „besonders hochwertig gestaltet“ ist, können auch schon mal bis zu 50 Prozent der Fläche angerechnet werden. Allein mit dieser Ausnahmeregelung wird also auch die Wohnflächenverordnung schon wieder ungenau – und die Ergebnisse können unterschiedlich ausfallen!

Das wird nicht besser, wenn man sich die weiteren Besonderheiten dieser Verordnung ansieht: Nischen an Türen, Fenstern oder Wänden dürfen nur dann mitgerechnet werden, wenn sie mindestens 13 Zentimeter tief sind und bis zum Boden reichen. Schornsteine, Pfeiler und Säulen zählen, wenn sie eine Höhe von mehr als 1,50 Metern und eine Grundfläche von 0,1 Quadratmetern nicht überschreiten.

Für Schrägen oder Treppen gilt: Die Wohnfläche darunter wird bei einer Raumhöhe von mehr als zwei Metern voll mitgezählt, zwischen einem Meter und zwei Metern nur zur Hälfte und unter einem Meter gar nicht.

Relativ einheitlich dagegen ist das, was nicht mit einbezogen wird: Das sind die Flächen von Hausfluren, nicht zu Wohnräumen ausgebauten Kellern, Heizungs-, Trocken- und Abstellräume außerhalb der Wohnung, Garagen und Geschäftsräume. Auch hier treten sofort neue Fragen auf: Was ist beispielsweise mit einem Kellerraum, der ein Waschbecken, eine Heizung und ein Souterrain-Fenster hat – aber trotzdem nie als Wohnraum genutzt wurde?

Wohnfläche und Nutzfläche

Die Deckenhöhe spielt auch immer eine wichtige Rolle: Ist sie mehr als zwei Metern hoch, werden die Grundflächen darunter immer voll angerechnet, bei Deckenhöhen zwischen einem bis zwei Metern immer nur zur Hälfte. Liegt die Deckenhöhe unter einem Meter, darf die gesamte Fläche nicht als Wohnfläche gewertet werden. Das alles gilt immer dann, wenn die Wohnfläche berechnet werden soll.

Doch es gibt ja auch noch die Nutzflächenberechnung. Die kommt zwar meistens nur bei gewerblicher Nutzung zur Anwendung. Doch was ist beispielsweise mit Arbeitszimmern? Da könnte es interessant sein, doch die Nutzflächenberechnung einzusetzen, denn bei der spielt die Deckenhöhe keine Rolle.

Berechnung aufgrund von DIN 277

Im Gegensatz zur Wohnflächenverordnung dürfen bei der Berechnung nach der DIN 277 auch Dachböden oder Keller mit in die Berechnung einfließen und Räume mit Dachschrägen sowie Balkone oder Terrassen zählen komplett mit, denn die Raumhöhe ist hier für Berechnungen irrelevant.

Die DIN 277 gehört durchaus zu den erlaubten und üblichen Berechnungsverfahren. Sie gilt als besonders beliebt bei Vermietern, weil dabei mehr Wohnfläche berücksichtigt werden kann und die Raumhöhe keine Rolle spielt. Das könnte beispielsweise auch Menschen zugutekommen, die eine Immobilie verkaufen möchten. Wer am Erwerb einer Immobilie interessiert ist, wird das dagegen wohl eher anders sehen. Mit anderen Worten:

Interessenkonflikte sind vorprogrammiert

Die eingangs genannten, unterschiedlichen Zahlen können ihre Ursache darin haben, dass es früher noch weitere DIN-Normen der Berechnung gab, die aber jetzt nicht mehr zum Einsatz kommen sollten (es aber dennoch manchmal tun …)

Wenn unterschiedliche Interessen – etwa von Mietern und Vermietern oder von Kaufinteressenten und Verkäufern – aufeinandertreffen, dann muss schlicht eine Absprache getroffen werden: Man sollte sich darauf verständigen, welches Flächenberechnungsverfahren zum Einsatz kommen soll.

Gelingt eine solche Einigung nicht, bleibt eigentlich nur ein Weg: Es sollte ein unabhängiger Sachverständiger damit beauftragt werden, eine Wohnflächenberechnung (wahlweise: Nutzflächenberechnung) zu erstellen. Seriöse Gutachter geben dabei natürlich auch an, welches Berechnungsverfahren dabei zur Anwendung kam.

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