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Eigenbedarf: Wann können Vermieter ihre Wohnung selbst nutzen?

Die sogenannte Eigenbedarfskündigung ist ein typischer Streitpunkt zwischen Vertragspartnern einer vermieteten Wohnung. Denn sie beendet das Mietverhältnis – für den Mieter häufig überraschend und mit dem Zwang einer schnellen Wohnungssuche. Vermieter hingegen können nur unter bestimmten Voraussetzungen ihren Mietern wegen Eigenbedarfs kündigen. Die Grenzen sind so eng gesteckt, dass einige versuchen zu tricksen. In diesem Ratgeber zum Thema Eigenbedarf erfahren Sie,

  • welche Rechtsgrundlage gilt;
  • für wen Vermieter Eigenbedarf überhaupt geltend machen dürfen,
  • welcher Eigenbedarfsgrund möglich ist – und welcher nicht,
  • welche Sperrfristen bei umgewandelten Wohnungen existieren,
  • welche Kündigungsfristen gelten,
  • welche Ansprüche Mieter haben und wie sie reagieren können.

Was ist Eigenbedarf im Mietrecht überhaupt?

Der sogenannte Eigenbedarf bedeutet, dass ein Vermieter seine vermietete Wohnung gern selbst beziehen oder an einen nahen Verwandten geben möchte. Grundlage ist dabei § 573 Abs. 2, Satz 2 BGB, in dem es heißt:

„Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“.

Das Problem für den Vermieter ist jedoch, dass der aktuelle Mieter einen umfangreichen gesetzlichen Schutz vor willkürlichen Kündigungen hat und eine entsprechende Begründung für den Eigenbedarf erforderlich ist. In diesem Spannungsfeld sind mietrechtlich mehrere Details entscheidend, ob der Vermieterwunsch tatsächlich mit den rechtlichen Möglichkeiten in Einklang steht.

Für wen darf ein Vermieter Eigenbedarf „anmelden“?

Eigenbedarf ist nicht auf den Vermieter beschränkt. Er kann diesen auch für nahe Verwandte „anmelden“. Lange Zeit gab es immer wieder Streitigkeiten, wer von Eigenbedarf profitieren kann. Der Bundesgerichtshof hat am 10. Juli 2024 dazu ein Grundsatzurteil gefällt (Az. VIII ZR 276/23). Demnach kann ein Vermieter eine Wohnung nur für sich selbst und die Personen fordern, für die ein Zeugnisverweigerungsrecht in Bezug auf ihn gilt. Grundlagen sind § 383 ZPO (Zivilprozessordnung) und § 52 StPO (Strafprozessordnung).

Das bedeutet: Der Vermieter kann eine Wohnung oder ein Haus für sich selbst reklamieren sowie für

  • alle Personen, die seine Verlobten, Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner sind oder waren, nicht aber Geliebte und nicht eingetragene Partner;
  • alle Verwandten ersten Grades wie Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel;
  • alle Verwandten bis zum dritten Grad wie Geschwister, Onkel, Tanten, Nichten und Neffen, nicht aber Cousins und Cousinen sowie Großtanten und Großonkel usw.;
  • alle Verschwägerten in gerader Linie wie Schwiegerkinder und Schwiegereltern;
  • alle Verschwägerten bis zum zweiten Grad wie Schwägerin und Schwager.

Zudem ist es möglich, den Wohnraum unter bestimmten Voraussetzungen für eine zum Haushalt gehörende Person zu fordern. Darunter fallen beispielsweise Pflegekräfte, sofern die Wohnung in unmittelbarer Nähe zur Vermieterwohnung und damit dem Einsatzort liegt.

Der Eigenbedarfsgrund: Welche Voraussetzungen sind zu erfüllen?

Hat der Vermieter den Wunsch, vermieteten Wohnraum selbst oder für nahe Verwandte zu nutzen, benötigt er einen aktuellen Eigenbedarfsgrund. Ohne triftigen Grund oder auf „Vorrat“ ist eine Kündigung nicht statthaft.

Der Eigenbedarfsgrund muss nachvollziehbar und mit dem Wohnbedarf übereinstimmen. Es reicht beispielsweise nicht aus, einfach nur in der Wohnung leben oder diese an ein eigenes Kind übergeben zu wollen. Um das zu verdeutlichen, helfen ein paar Beispiele, wann Vermieter begründete und rechtliche statthaft vermieteten Wohnraum für sich nutzen können.

  • Der Vermieter ist frisch verwitwet. Er benötigt nun eine kleinere Wohnung – wie die von ihm vermietete.
  • Das Kind des Vermieters bekommt Nachwuchs und die bisherige Wohnung ist nicht mehr groß genug, die vermietete Wohnung besitzt aber das benötigte zusätzliche Zimmer.
  • Die Kinder des Bruders des Vermieters sind ausgezogen und dessen Haus ist ihm nun zu groß geworden, aber die vermietete Wohnung passt genau zum Bedarf von ihm und seiner Frau.
  • Die Enkelin beginnt ein Studium in einer anderen Stadt, in der der Vermieter ein kleines Apartment vermietet.
  • Der Vermieter wechselt seinen Arbeitsplatz und kann diesen von der vermieteten Wohnung deutlich schneller erreichen und die Wohnfläche passt zu seinem Haushalt.
  • Die im Haushalt lebende Mutter ist pflegebedürftig und muss rund um die Uhr betreut werden. Die vermietete Wohnung liegt in unmittelbarer Nähe. Der Vermieter kann Eigenbedarf für eine angestellte Pflegekraft geltend machen.

Die Beispiele verdeutlichen: Es muss zusätzlich zum richtigen Verwandtschaftsverhältnis sowohl einen Grund geben als auch eine passende, angemessene Wohnungsgröße. Der Eigenbedarfsgrund wäre beispielsweise nicht ausreichend, wenn der Enkel ohne Partner in ein größeres, vermietetes Haus ziehen soll, um dort zukünftig zu leben. Ebenso ist es nicht möglich, eine Kündigung für die Schwester mit drei Kindern auszusprechen, wenn es sich um eine Zweizimmerwohnung handelt.

Keine falschen Angaben beim Vermieten machen

Ferner ist es nicht statthaft, einen Mietvertrag im Wissen abzuschließen, dass die Wohnung in absehbarer Zeit für eigene Zwecke benötigt wird. In diesem Fall muss der Vermieter darüber aufklären, ansonsten handelt es sich um treuwidriges Verhalten und er verliert das Recht, Eigenbedarf geltend zu machen. Es ist in solchen Fällen ratsam, diesen Umstand im Mietvertrag schriftlich festzuhalten.

Sonderfall: Vermieter ist eine juristische Person

Eine Besonderheit gilt, wenn der Vermieter ein Unternehmen ist. In diesem Fall ist eine Eigenbedarfskündigung nur möglich, wenn ein Mitarbeiter die Wohnung benötigt. Bei einer GbR muss es sich außerdem um einen aktuellen Gesellschafter handeln.

Was gilt bei einem Eigentümerwechsel?

Sollte während des laufenden Mietverhältnisses der Eigentümer wechseln, tritt dieser in das Mietverhältnis als Vermieter ein. Es gelten alle oben genannten Bedingungen. Damit ist zugleich ausgeschlossen, dass ein neuer Eigentümer einem Mieter kündigt, ohne einen begründeten Bedarf angeben zu müssen. Das heißt: Es ist ein Irrglaube, dass ein Käufer einer Immobilie dort einziehen kann, wenn diese bislang vermietet war.

Sperrfristen bei in Eigentum umgewandelten Wohnungen

Eigentümer können Wohnungen auch als umgewandelte Eigentumswohnung beispielsweise von einem Bauträger oder einer Genossenschaft erwerben. In diesem Fall gilt für den bisherigen Mieter ein erweiterter Schutz.

Es gibt eine Kündigungssperrfrist von mindestens drei Jahren ab Erwerb. Diese Frist kann in einigen Bundesländern auf kommunaler Ebene deutlich verlängert sein. Teilweise gilt für die Sperrfristen eine Dauer von zehn Jahren – aktuell das rechtlich erlaubte Maximum. Solche langen Sperrfristen gibt es vor allem in Ballungsgebieten mit Wohnungsknappheit. Informationen dazu sind bei der jeweiligen Gemeinde zu erfragen.

Konkrete Beispiele: Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft möchte ein vermietetes Mehrfamilienhaus verkaufen und wandelt die Wohnungen dazu in Eigentumswohnungen zum Verkauf um. Käufer dieser vermieteten Wohnungen können die aktuellen Mieter nicht während der Sperrfrist kündigen, sondern müssen bis zu deren Ende warten. Gleiches gilt für ein geerbtes Haus mit drei vermieteten Einheiten, das die Erben in drei Eigentumswohnungen aufteilen möchten.

Welche Kündigungsfristen gelten bei Eigenbedarf?

Es gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von grundsätzlich drei Monaten. Diese geht aus § 573c BGB hervor, in dem es um die ordentliche Kündigung von Verträgen geht. Dort heißt es in Absatz 1: „Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig.“

Wer beispielsweise zum 1. September in seine eigene Wohnung ziehen möchte, muss bis zum 3. Juni kündigen. Liegt einer der ersten drei Tage auf einen Sonn- oder Feiertag, ist eine Kündigung einen Tag später möglich, also bis zum 4. Juni.

Bei älteren Verträgen gelten längere Kündigungsfristen:

  • Verträge mit einer bisherigen Laufzeit von mindestens fünf Jahren sind sechs Monate vorher zu kündigen,
  • Verträge mit einer bisherigen Laufzeit von mindestens acht Jahren sind neun Monate vorher zu kündigen.

Verkürzte Fristen gelten für Kurzzeitvermietung (Vereinbarung im Mietvertrag) sowie für möblierte Zimmer innerhalb der Vermieterwohnung (14 Tage zum Monatsende). Für Mieter nachteilige, anderslautende Vereinbarungen sind jeweils ungültig.

Form der Kündigung

Grundsätzlich ist es ratsam und fair, den Mieter vorab mündlich über die Absichten aufzuklären. So lassen sich möglicherweise bereits Ärgernisse aus dem Weg räumen und für beide Seiten ein von Verständnis geprägtes Umfeld schaffen. Optional kann der Vermieter bereits eine alternative Wohnung anbieten.

In der Kündigung muss der Vermieter nicht nur den genauen Zeitpunkt festhalten, sondern den Eigenbedarf detailliert begründen. Zusätzlich ist die begünstigte Person explizit zu benennen, für die der Eigenbedarf gelten soll.

Ohne eine Begründung und Nennen der Person ist die Kündigung unwirksam. Ferner sollte ein Hinweis auf das Widerspruchsrecht des Mieters nach § 574 BGB enthalten sein. Der Vermieter sollte sein Anliegen schriftlich und per Einschreiben oder gleichwertigen Zustellnachweis auf den Weg bringen. Eine mündliche Kündigung reicht nicht aus.

Wann müssen Mieter ausziehen?

Ist das Kündigungsschreiben korrekt und enthält alle relevanten Details, muss der Mieter innerhalb der Kündigungsfrist die Wohnung räumen. Das heißt: Spätestens zum Kündigungstermin muss er ausgezogen sein.

Wie können Mieter auf Eigenbedarfskündigungen reagieren?

Der Mieter hat ein Widerspruchsrecht gegen die Eigenbedarfskündigung. Dieses muss er spätestens zwei Monate vor Kündigungstermin wahrnehmen. Ausnahme: Hat der Vermieter nicht auf das Recht hingewiesen, kann der Widerspruch noch bis zum Kündigungstermin mitgeteilt werden. Das Anliegen ist in Textform zu übermitteln und die Gründe sind auf Verlangen des Vermieters zu nennen.

Die Folgen: Das Mietverhältnis bleibt dann vorerst bestehen, der Vermieter kann aber dagegen mit Rechtsmitteln vorgehen. Das heißt: Es kommt gegebenenfalls zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

Härtefälle begründen Widerspruch

Ein Widerspruch ist nach Gesetz nur bei Härtefällen statthaft. Ein solcher Härtefall bedarf einer sehr genauen individuellen Abwägung. Mögliche Gründe sind eine schwere Krankheit des Mieters oder ein sehr hohes Alter. Ebenfalls kann die Situation auf den Wohnungsmarkt einen Härtefall begründen, wenn der Mieter mangels Angeboten kurzfristig keinen adäquaten Ersatz für die Wohnung finden kann.

Sonderfall Anbietpflicht: Ersatzwohnung nicht angeboten

Vermieter müssen dem Mieter eine Ersatzwohnung anbieten, sofern eine gleichwertige in unmittelbarer Nähe vorhanden ist. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, hat der Mieter ein Recht auf Schadensersatz. Die sogenannte Anbietpflicht besteht bis zum Kündigungstermin.

Anders als bei einem Härtefall wird durch eine Pflichtverletzung die Kündigung jedoch nicht unwirksam. Der Mieter hat jedoch einen Schadensersatzanspruch. Dieser bemisst sich in der Regel aus der Differenz der Mieten der neuen und der nicht angebotenen Wohnung zuzüglich eventueller Unterscheide bei dem Umzugskosten. Der genaue Betrag ist allerdings vom Einzelfall abhängig.

Sonderfall: Schadensersatz bei falschen Angaben oder Wegfall des Bedarfsgrundes

Mieter haben außerdem in zwei weiteren Fällen Anspruch auf Schadensersatz. Dieser bemisst sich wiederum aus Umzugskosten und Mietkostenunterschieden. Die Sonderfälle sind dabei stets individuell zu betrachten:

  • Der Eigenbedarfsgrund entfällt noch vor Ende der laufenden Kündigungsfrist. Der Vermieter muss dann den Mieter darüber informieren und die Fortsetzung des Mietverhältnisses anbieten. Kommt er dieser Pflicht nach, hat der Mieter ein Anrecht auf Schadensersatz in Höhe der Umzugskosten und ggf. in Form einer Ausgleichszahlung für eine höhere Miete.
  • Gleiches gilt für falsche Angaben zu Begünstigten oder dem Eigenbedarfsgrund. Macht der Vermieter falsche Angaben und der Mieter ist bereits ausgezogen, ist er möglicherweise schadensersatzpflichtig. Ist der Mieter nicht ausgezogen, entfällt die Kündigungsgrundlage und der Mietvertrag läuft weiter. Der Nachweis ist allerdings häufig nur im Nachhinein und durch eine rechtliche Auseinandersetzung möglich.

Eigenbedarf: Richtig kündigen und fair verhalten

Vermieter sollten umsichtig agieren, wenn Sie eine Kündigung wegen Eigenbedarf auf den Weg bringen möchten. Mitunter kann eine kleine Ausgleichszahlung oder eine frühzeitige Übermittlung der Kündigung die Situation für den Mieter erträglicher machen. Denn der muss seine bisher Wohnung verlassen und sich eine neue Bleibe suchen. Ein harsches Vorgehen kann zu Problemen mit dem Mieter führen.

Sehr penibel sollten Vermieter außerdem auf Inhalt und Form der Kündigung achten. Diese muss rechtzeitig an die korrekten Vertragspartner gehen, die begünstigte Person genau benennen und einen nachvollziehbaren Eigenbedarfsgrund erläutern.

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