Die Erbschaft von Immobilien: Was ist zu beachten?
Beim Tod eines Menschen geht seine Hinterlassenschaft an die Erben. Gehört eine Immobilie dazu, entstehen daraus Rechte und Pflichten bis hin zu einer finanziellen Belastung. Nicht zuletzt kann ein geerbtes Haus oder eine geerbte Wohnung Streit in der Erbengemeinschaft verursachen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, was Sie im Falle einer Immobilienerbschaft beachten müssen.
Vorab: Diese finanziellen Nachteile können entstehen
Bevor Sie darüber nachdenken, was Sie mit der Immobilie machen möchten, sollten Sie überlegen, ob Sie das Erbe überhaupt annehmen. Der Wert einer Immobilie ist beträchtlich, ebenso die daraus resultierenden finanziellen Verpflichtungen.
- Kreditbelastungen: Ist die Immobilie mit einem Darlehen belastet, übernehmen die Erben auch dieses. Die Raten sind von der Erbengemeinschaft oder den Alleinerben zu bewältigen. Das kann im Einzelfall zu einer erheblichen Belastung führen, speziell bei selbst genutzten Objekten. Schlimmstenfalls „fressen“ die Schulden das geerbte Vermögen auf.
- Erbengemeinschaft: Liegt kein anderslautendes, rechtlich einwandfreies Testament vor, erben möglicherweise mehrere Personen Anteile an der Immobilie. Es gibt fortan eine Erbengemeinschaft, die nur gemeinsam bestimmen kann. Das „Auszahlen“ einzelner Personen ist möglich, aber in der Regel sehr kostspielig, bedarf der Zustimmung aller Erben und ist häufig nur über den Verkauf der Immobilie realisierbar.
- Erbschaftssteuer: Für den geerbten Vermögenswert abzüglich einer Freigrenze zahlen Sie Erbschaftssteuer. Die Freigrenzen hängen vom Verwandtschaftsgrad zum Erblasser ab und sind in § 16 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes zu finden(§ 16 ErbStG). Aus diesem Verwandtschaftsverhältnis leitet sich auch eine persönliche Steuerklasse (nicht Einkommensteuerklasse) ab, nach der Sie den Restvermögenswert versteuern müssen. Dieser liegt zwischen ca. 15 und 50 Prozent.
Hinzu kommen noch kleine Beträge wie für das Umschreiben des Grundbucheintrags. Allerdings fallen diese kaum ins Gewicht. Üblicherweise „lohnt“ sich die Erbschaft dennoch. Aber sie können ein Erbe auch ausschlagen. Speziell bei überschuldeten Erblassern kann das sinnvoll sein.
So schlagen Sie das Erbe aus
Sollte das Erbe einer Immobilie erhebliche finanzielle Nachteile bedeuten oder Sie aus einem anderen Grund nicht erben möchten, können Sie das Erbe ausschlagen. Eine entsprechende Ausschlagungserklärung können Sie beim zuständigen Amtsgericht gegen Zahlung einer geringen Gebühr hinterlegen. Dort gibt es auch Vordrucke. Dazu haben Sie im Normalfall sechs Wochen ab Zeitpunkt des Todes des Erblassers Zeit. Die Frist kann sich bei einem Auslandsaufenthalt auf bis zu sechs Monate verlängern.
Schlagen Sie aus, geht der Nachlass an die nächsten Erbberechtigten in der gesetzlichen Reihenfolge weiter. Sollten alle Erben ausschlagen, wird die Erbschaft Teil des Staatsvermögens.
Die Alleinerbschaft einer Immobilie
Nach der Frist zum Ausschlagen erben alle Erbberechtigten automatisch den Nachlass mit allen Rechten und Pflichten. Sind Sie Alleinerbe, können Sie direkt nach Erteilen des Erbscheins frei und ohne Abstimmung mit Dritten über die Immobilie verfügen.
Lassen Sie das Grundbuch von einem Notar entsprechend ändern. Gegebenenfalls sind auch Kredite umzuschreiben. Eventuell laufende Mietverträge oder anderweitige Verpflichtungen wie Verträge mit einer Hausverwaltung erben Sie ebenfalls. Sie übernehmen also nicht nur Haus oder Wohnung, sondern auch alle damit zusammenhängenden Verpflichtungen.
Die Erbengemeinschaft als kompliziertere Variante
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Sind Sie nicht Alleinerbe, entsteht eine Erbengemeinschaft. Die Anteile an der Immobilie ergeben sich dabei aus der gesetzlichen Erbquote oder dem Testament des Verstorbenen. Das bedeutet: Je nach Erbquote können die verschiedenen Personen in der Erbengemeinschaft unterschiedlich große Anteile an der Immobilie haben. Aber: Alle Entscheidungen rund um den Nachlass müssen einstimmig getroffen werden!
In der Praxis ergeben sich daraus mehrere Aspekte, die nicht allen Erbberechtigten gefallen müssen. Zum einen sind laufende Kosten und Einnahmen gemäß der Erbquote zu verteilen. Zum anderen bedeutet der Zwang zur gemeinsamen Entscheidung auch die Möglichkeit, dass einzelne Erben Mehrheitsmeinungen blockieren können.
Das führt in letzter Konsequenz dazu, dass niemand allein Entscheidungen treffen oder Tatsachen schaffen kann. Mit einer Ausnahme: Einzelne dürfen zwingende Unterhaltsmaßnahmen oder Notmaßnahmen veranlassen. Die Grenzen sind jedoch eng gesteckt und solche Aktivitäten können schnell zu Streit führen.
Erbengemeinschaft: Wer darf die Immobilie verkaufen?
Der Zwang zur gemeinsamen Entscheidung bedeutet auch, dass die Erbengemeinschaft grundsätzlich nur gemeinsam die Immobilie verkaufen kann. Alleingänge scheitern spätestens beim Notar, der die Eigentumsverhältnisse vor einem Verkauf prüfen muss.
Im Konfliktfall kann es jedoch sinnvoll sein, Haus oder Wohnung zu verkaufen. Das gilt ganz besonders, wenn sich ein Erbe „auszahlen“ lassen möchte. Alternativ können die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft das Geld ohne Verkauf aufbringen. Diese Form von Austritt aus der Erbengemeinschaft sollte möglichst anwaltlich begleitet werden.
Tipp: Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Erbanteile zu verkaufen oder die Erbengemeinschaft von einem spezialisierten Unternehmen auflösen zu lassen. Dabei sind verschiedene rechtlich erlaubte Wege möglich. Vom Verkauf des eigenen Erbanteils inklusive Anteil an der Immobilie (mit Vorkaufsrecht der Miterben zu gleichen Konditionen) bis hin zu einer direkten Erbabwicklung. Ziel des eingeschalteten Spezialisten ist es, die Erbengemeinschaft aufzulösen und damit auch Konflikte zu beseitigen.
Selbstverständlich kann sich die Erbengemeinschaft einvernehmlich zu einem Verkauf entschließen. In diesem Fall erhalten nach dem Verkauf alle Beteiligten nach Abzug der Kosten und Begleichen von Restdarlehen einen Gewinn gemäß ihrer Erbquote.
Wichtig: Dieser Betrag ist beim Verkauf von privaten Immobilien in der Regel steuerfrei, kann aber in ungünstigen Fällen der Einkommenseuer unterliegen.
Notlösung: die Teilungsversteigerung
Eine besondere Form der Uneinigkeit in einer Erbengemeinschaft kann in eine Teilungsversteigerung münden. Die Teilungsversteigerung ist eine besondere Form des Verkaufs, bei der die Immobilie genau deshalb von den zuständigen Stellen versteigert wird, um den Streit innerhalb der Erbengemeinschaft zu schlichten und das Erbe zu teilen.
Das Problem: Alle Mitglieder der Erbengemeinschaft können die Teilungsversteigerung ohne Zustimmung der anderen beantragen. Die anderen können sich dagegen nicht wehren. Dieser Schritt sollte als letzte Möglichkeit in Betracht gezogen werden, da die Immobilie in der Regel deutlich unter dem Marktwert einen neuen Eigentümer findet und allein Beteiligten viel Geld verloren gehen kann. Hinzu kommen emotionale und ideelle Bindungen an die Immobilie, die auf diese Weise zerstört werden.
Sinnvoller ist ein einvernehmlicher Verkauf der Immobilie. Denn auf diese Weise können die Erben häufig durch Erreichen des Marktwertes ihr Vermögen sichern.
Tipp: Unser Partner Erb|Teilung bietet sinnvollere Lösungen bei Streitigkeiten in Erbgemeinschaften.
Wann endet die Erbengemeinschaft?
Eine Erbengemeinschaft löst sich übrigens nicht einfach so auf. Im Gegenteil: Sie bleibt unbefristet bestehen und es ist sogar möglich, dass beim Tod eines Erben wiederum dessen Erben seinen Platz einnehmen. Abhilfe schaffen – sofern gewünscht – drei Wege:
- Die Immobilie wird veräußert und es gibt damit keine Erbschaft mehr (Hinweis: Die Immobilie ist in der Regel nur ein Teil des Gesamterbes. Die anderen Teile sind ebenfalls “abzuwickeln"),
- nur ein Erbe bleibt bestehen und zahlt alle anderen aus,
- alle schließen einen Vertrag über die Erbauseinandersetzung.
Die Erbauseinandersetzung beendet formell die Erbengemeinschaft. Dabei handelt es sich um einen notariell beglaubigten Vertrag, der die Auflösung und – wichtiger – den Verbleib der Erbmasse regelt. Die Erbauseinandersetzung steht häufig am Ende einer längeren Phase mit Auseinandersetzungen, bei der am Ende eine Person ihre Miterben gemäß deren Erbquote auszahlt, Alleinerbe wird und die Immobilie auf den eigenen Namen umschreiben lässt.
Nutzung des Vermögens: Was soll mit der geerbten Immobilie geschehen?
Neben den Fragen, wer wie viele Anteile an einer Immobilie erbt, welche Folgen das hat und wann die geerbte Wohnung oder das Haus verkauft werden kann, gibt es für die Erben häufig eine entscheidende Frage: Was soll mit der geerbten Immobilie geschehen? Wie soll sie weiter genutzt werden? Zu unterscheiden sind zwei Fälle:
- Die Immobilie steht leer: In diesem Fall kann die Erbengemeinschaft die Wohnung oder das Haus vermieten oder selbst beziehen. Die Eigennutzung einzelner Personen ist wiederum an die Zustimmung der gesamten Erbengemeinschaft geknüpft. Diese bestimmt, in welcher Form eine Miete oder Ausgleichszahlung zu leisten ist. Das gilt auch dann, wenn ein Miterbe bereits vor dem Tod des Erblassers in der Immobilie gewohnt hat. Empfehlenswert ist in jedem Fall eine marktgerechte Miete, wie Sie in unserem Ratgeber zum Thema Vermieten in der Verwandtschaft nachlesen können.
- Die Immobilie ist vermietet: Bereits laufende Mietverträge bleiben bestehen. Die Erben übernehmen durch den Erbschein die Verträge und sind gemäß Erbquote an Einnahmen und Ausgaben beteiligt. Möchte ein Erbe die Immobilie selbst nutzen, ist wie oben erläutert die Zustimmung aller Miterben erforderlich. Zusätzlich muss der Eigenbedarf nachgewiesen werden, um das laufende Mietverhältnis kündigen zu dürfen.
Der Verlust eines nahestehenden Menschen ist schmerzhaft. Daran ändert auch der Nachlass nichts. Während die meisten Dinge und Vermögensgegenstände zwar aufgeteilt werden müssen, aber keine besonderen Verpflichtungen nach sich ziehen, ist das bei einer Immobilie anders. Besonders die Art und Weise der Nutzung sollte frühzeitig geklärt werden. Ein gutes Verhältnis der Erben untereinander ist dabei hilfreich. Zeigt sich bereits zu Lebzeiten, dass es unter den Erben Schwierigkeiten gibt, kann der Erblasser durch ein Testament oder Schenkungen seinen Willen durchsetzen.