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Was ist eigentlich ein Tinyhouse? Und: Wie nachhaltig kann es sein?

Ursprünglich kommt die Tinyhouse-Bewegung aus den USA. Doch sie findet auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Dabei werden hierzulande häufig Prinzipien der Nachhaltigkeit mit Bau und Benutzung dieser Mini-Häuser verknüpft. Stimmt das? Ist das realisierbar? Und manchmal herrscht in Bezug auf die „mobilen Immobilien“ eine regelrechte Begriffsverwirrung. Wir versuchen, diese Fragen hier klären zu helfen.

Erste Fragen

2017 wurde im US-amerikanischen Baugesetz folgende Definition festgelegt: Ein Tinyhouse ist eine Wohnstätte mit bis zu 400 sq ft. Auf deutsch: 400 Quadratfuß, das sind 37,1612 Quadratmeter. Tiny bedeutet übrigens: sehr klein. Oder winzig. Da beginnt die Verwirrung auch schon: Muss man sich an diese Maßangabe halten, wenn man von Tinyhouses spricht?

Und dann: In der Grunddefinition steht nichts davon, dass die winzigen Häuser mobil sein müssen. Meistens sind sie es. Allerdings nicht immer. Da kollidieren nicht selten schon die Interessen von Menschen, die sich für Tinyhouses interessieren: Einerseits wird Unabhängigkeit angestrebt, andererseits gibt es Wünsche und Notwendigkeiten, bei denen die klassische „Seßhaftigkeit“ dann doch besser ist. Wenn beispielsweise ein Teil der Familie in der Nähe wohnt – und dort auch die Waschmaschine steht, die in das Tinyhouse nicht mehr reinpasst. Oder wenn feste Arbeitsverträge eine Anwesenheit vor Ort notwendig machen. In solchen Fällen ist es häufig gar nicht die Mobilität, die das Tinyhouse attraktiv werden lässt. Sondern die erhofften Möglichkeiten einer nachhaltigen Bauweise, nicht selten gepaart mit dem Wunsch, reduzierter zu leben. Natürlich spielt auch das Geld bei all diesen Fragen eine wichtige Rolle: Wer sich eine „normale Wohnung“ nicht (mehr) leisten kann, dem erscheint ein Tinyhouse nicht selten als verlockende Alternative. Sind Tinyhouses wirklich Alternativen zu unserem immer knapper werdenden Wohnraum?

Erste Grenzen

Selbstbestimmt wohnen zu können, in und mit der Natur zu leben, Mobilität, Unabhängigkeit, Nachhaltigkeit und in möglichst vieler Hinsicht eine Reduzierung auf das Wesentliche. So ähnlich definieren viele Anhänger des Tinyhouses die Vorzüge dieser Wohnform. Doch: Wie realistisch ist das?

Leider nicht allzu sehr. Das beginnt schon mit den deutschen Baugesetzen. Zuallererst wird der Wunsch nach Unabhängigkeit durch die Tatsache begrenzt, dass man entweder eine Baugenehmigung für das Tinyhouse braucht. Oder sich auf fremdem Grund „einmieten“ muss. Letzteres kann der große Garten eines Immobilienbesitzers sein – das ist eher selten. Häufiger sind es Campingplätze oder Feriensiedlungen – da sind dann allerdings die Fragen zu klären, ob man dort überhaupt das ganze Jahr über wohnen darf. Und ob es auch möglich ist, dort seinen (ersten) Wohnsitz anzumelden. In Erholungsgebieten beispielsweise ist das grundsätzlich verboten.

Wer sein kleines Haus auf einem eigenen Grundstück aufstellen möchte, braucht also zuallererst ein erschlossenes Grundstück und muss dann eine Baugenehmigung beantragen. Viele, die von einem dauerhaft platzierten Tinyhouse träumen, versuchen, auf Äcker, Wiesen und dergleichen auszuweichen – doch Achtung: In aller Regel sind solche Grundstücke explizit als land- und forstwirtschaftlich zu nutzende Flächen ausgewiesen. Das bedeutet: eben nicht als Bauland vorgesehen. Ein Landwirt, der das Aufstellen eines Tinyhouses auf seinem Grundstück – zur Pacht oder Miete – erlaubt, wird sich also in aller Regel strafbar machen.

Soll das kleine Haus mobil sein und bleiben, braucht es eine Zulassung nach den Vorgaben der Fahrzeugzulassungsverordnung.

Begriffsverwirrung

Nicht jeder verwendet das Wort Tinyhouse – es wird auch gern Kleinst-, Mikro- oder Minihaus genannt. Interessanterweise ist mit diesen eingedeutschten Begriffen, die auf -Haus enden, oft eine Immobilie gemeint, also ein nicht bewegliches, kleines Haus. Dann gehört es bei uns zur „Gebäudeklasse I“ – und dafür gelten strenge Regeln: Es muss – wenn es ständig bewohnt werden soll – an die öffentliche Wasserver- und entsorgung wie an das örtliche Stromnetz angeschlossen sein. Ob dieses „ständig“ nur ein Vierteljahr oder ein Jahrzehnt lang dauert, spielt dabei keine Rolle. Damit sind der Idee der Mobilität schon sehr enge Grenzen gesetzt, denn mit jedem Standortwechsel müssen auch Wasser- wie Energielieferanten vertraglich gewechselt werden.

Das alles gilt aber auch dann, wenn das kleine Haus auf Rädern steht. Denn zwischen „Fahrzeug“ und „Immobilie“ kennt das deutsche Recht keine Hybridformen. Wo gewohnt werden soll, gilt das Immobilienrecht. Selbst, wenn diese Wohnung Räder hat.

Um die Begriffsverwirrung komplett zu machen, werden oft auch Containerhäuser, Bau- und alte Zirkuswagen zu den Tinyhouses gerechnet. Containerhäuser beispielsweise stehen oft auf Baugrundstücken, dann ist in aller Regel sogar das ganzjährige Wohnen möglich.

Bau- und Zirkuswagen sind im Prinzip mobil, brauchen aber – ebenso wie alle mobilen Tinyhouses – einen Trailer, eine starke Zugmaschine, um überhaupt bewegt werden zu können. Und selbstverständlich brauchen sie eine Straßenzulassung. Damit sind Gewicht- und Maßeinheiten fix vorgegeben: Maximalmaße der Straßenverkehrsordnung sind 2,55 Meter Breite und 4 Meter Höhe, Maximalgewicht 3,5 Tonnen – es sei denn, man bewegt sich in der Welt des LKW-Verkehrs. Was natürlich eine Frage der Fahrerlaubnis ist.

Wie sieht das „klassische“ Tinyhouse aus? Oder: Ist Nachhaltigkeit im Kleinen machbar?

Es dürfte klargeworden sein: DAS „klassische“ Tinyhouse gibt es nicht. Ganz grob gesagt, ist es zwischen 30 und 45 Quadratmetern groß – was für Familien natürlich kaum ausreichen wird. Es soll Familien geben, die für jedes Kind ein eigenes Tinyhouse gebaut haben. Das kleine Haus hat nicht mehr als zwei Etagen und kostet zwischen 40.000 und 70.000 Euro – sehr grob geschätzt.

Vor allem aber: Beim Bau von Tinyhouses kommt immer wieder auch der Nachhaltigkeitsaspekt ins Spiel. Der ist am ehesten über den Einsatz der Baumaterialien zu realisieren. Da gibt es eine Menge Hersteller, die wirklich Beeindruckendes leisten: Schreinereien etwa, die sich auf den Bau von Tinyhouses spezialisiert haben oder Lösungen, die wenigstens in Sachen Stromversorgung den Wunsch nach Autarkie vollständig erfüllen.

Ob der Nachhaltigkeitsaspekt aber – mit Blick auf die gesamte Umwelt - tatsächlich umgesetzt werden kann, ist eine offene und häufig umstrittene Fragen. Kritiker sagen, dass allein der „Flächenfraß“, den Tinyhouses zwangsläufig verursachen, das Gegenteil von Nachhaltigkeit bedeutet. Außerdem ist die Wärmedämmung der kleinen Häuser oft sehr schlecht: meist aus dem simplen Grund, Platz und Gewicht sparen zu müssen.

Tatsache ist: Die gesetzlich gültigen Mindestanforderungen an Energieeffizienz und Brandschutz müssen auch in einem Tinyhouse eingehalten werden. Ebenso spielen die Bau-Statik und eine möglichst große Sicherheit vor Sturm, Regen und anderen elementaren Bedrohungen auch bei diesem Haustyp eine sehr große Rolle – größer wohl als bei einem unterkellerten Mehrfamilienhaus.

Die Tinyhouse-Bewegung kennt mittlerweile ganze Siedlungen

Bundesweit entstehen mehr und mehr Siedlungen, Quartiere und sogar ganze Dörfer für Tinyhouses. Gemeinden schaffen eigene Flächen für die kleinen Häuser – oder planen das derzeit. Viele davon sind echte Wohnanlagen – eine Art Campingplatz für Dauercamper mit kleinen Häusern. Hier wird bereits deutlich: Aus dem Wunsch nach selbstbestimmtem Wohnen, Naturnähe, Unabhängigkeit, Nachhaltigkeit und/oder Minimalismus wächst zur Zeit ein neues Vermarktungsfeld.

Trotzdem: alles ist möglich!

Sollte jetzt der Eindruck entstanden sein, dass Tinyhouse-Besitzer ihre Häuschen doch eher als Immobilie behandeln, sie also mehr oder weniger an einem immer gleichen Ort stehen lassen wollen, ist das auch nicht ganz richtig. Es gibt durchaus Tipps und Ratschläge für Menschen, die mit ihrem kleinen Haus eher wie Weltenbummler leben wollen – zum Beispiel, indem sie das ganze Haus in einen Seecontainer packen und verschiffen lassen.

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